Vom Warmduscher zum Eisschwimmer

Schon im April 2020 waren die Hallenbäder aufgrund des ersten Lockdowns geschlossen. Kein Grund für Melanie Otte und Sandra Junge vom TSR Olympia Wilhelmshaven den Kopf in den Sand zu stecken. Kurzer Hand wird die Eröffnung der Freiwassersaison vorgezogen und im Banter See, der Nordsee oder im Bornhorster See bei Oldenburg geschwommen. Damals trugen die beiden Triathletinnen aus alter Wettkampfgewohnheit noch den Neoprenanzug, der Sie vor der Kälte schützen sollte. Schon während der gemeinsamen Trainingseinheiten im Sommer des vergangenen Jahres kam den beiden die Idee, dass sie ja auch mal zu den Winterschwimmern werden können, die sie regelmäßig während des Laufens bei fast jedem Wetter am Fliegerdeich in die Nordsee gehen sahen.
Der Spätherbst 2020 ermöglichte den Schwimmerinnen weiterhin schöne warme Tage zum Freiwasserschwimmen und auf einmal war es schon Oktober. „Aufgrund der fehlenden Möglichkeiten im Hallenbad zu schwimmen, sind wir einfach weiterhin draußen geschwommen“, so Sandra Junge. Jetzt allerdings ohne Neo – Frau will ja eine richtige Winterschwimmerin werden. Die Temperaturen sanken dem Gefrierpunkt – doch geschwommen wurde weiterhin ohne die schützende Gummihaut.
Die Strecken, die bei den aktuellen Minustemperaturen geschwommen werden, sind ca. 200 m – 300 m lang und es dauern zwischen sechs und zehn Minuten. Beide empfinden das Winterschwimmen als mentale Bereicherung und berichten von einem befreienden Gefühl nach dem Schwimmen. „Man schaltet vollkommen ab, wenn man in das kalte Wasser geht und schon bei den ersten Schwimmbewegungen ist die Kälte wie weggeblasen“, erläutert Melanie Otte.
Nach dem Schwimmen machen die kalten Hände das Anziehen zu einer Herausforderung. Das Zittern ist dabei eine ganz normale Reaktion des Körpers, um uns vor Kälte und Auskühlen zu schützen. Es dauert in etwa so lange, wie das Schwimmen selbst.
Am vergangenen Wochenende konnten die beiden Eisschwimmerinnen ihrem Namen alle Ehre machen und sowohl im zufrierenden Banter See als auch am Südstrand entlang der sich bildenden Eiskante ihrer neuen Leidenschaft nachgehen.

Das Winterschwimmen ist eine extreme Belastung für den Körper. Man sollte dies nur tun, wenn man physisch und psychisch gesund ist. Einen Trainingseffekt im herkömmlichen Sinne hat das Winterschwimmen als solches nicht, es wird ihm aber eine immunstärkende Wirkung zugeschrieben, die uns so besser vor Infekten schützt. Die Triathletinnen gehören jetzt auch schon zu den Gesichtern der Winterschwimmer und werden am Fliegerdeich freudig begrüßt: „Da sind ja schon wieder die Leistungsschwimmer“. Junge und Otte konnten in der Vergangenheit bereits Erfahrung bei Freiwasserschwimmen sammeln. Für den kommenden Sommer hoffen sie auf eine Austragung der im vergangenen Jahr ausgefallenen Bodenseequerung. Langfristig wollen beide in einer Staffel durch den Ärmelkanal schwimmen und suchen hierfür zwei weitere Staffelschwimmer*innen!

Text: Sandra Junge/Marcus Kröpelin